Besuch im neuen Jugendtreff: "Wir horchen in die Jugendlichen rein"

2022-07-15 20:14:09 By : Mr. Sugary Yue

Das Team des neuen Jugendzentrums gesteht, dass man noch mit einem niedrigschwelligen Angebot arbeite. Die Voraussetzungen des Treffs klingen jedoch vielversprechend.

Friedrichsdorf - Einladende Ledersofa-Ecke an der großen Fensterfront. Spielekonsole mit Flachbildschirm an der Wand. Kleines Mischpult für eine PA-Anlage, mit der sich Musik via Bluetooth abspielen lässt. In der Ecke ein Kicker und ein Schlagzeug. Eine stolze Ansammlung an Möglichkeiten zur Freizeitgestaltung, die das Herz vieler Jugendlicher höher schlagen lassen dürfte. An diesem Tag wird der neuen Jugendtreff aber von Erwachsenen in Beschlag genommen.

Allerdings nur vorübergehend - ein Besichtigungstermin für die Mitglieder des Jugend- und Sozial-Ausschuss im große Kellerraum des ehemaligen Schulgebäudes in der Hugenottenstraße steht an. Seit Anfang Dezember hat die Einrichtung unter der Regie des Oberurseler Vereins zur Förderung der Integration Behinderter (VzF Taunus) geöffnet. Zunächst in einem Provisorium. Darin hat sich aber inzwischen einiges getan, wie die Politiker beim Rundgang mit Leiter Marcel Favila Montes de Oca und VzF-Geschäftsführer Frank Vogel feststellten.

Zu sehen nicht nur im Herzstück des Treffs, dem erwähnten Wohnzimmer artigen Raum. Auch in den anderen Bereichen ist die Ausrichtung erkennbar. Zum Beispiel in der kleinen Küche nebst Miniofen zur Zubereitung von Pizza, Baguette. Demnächst soll es auch Obst und Gemüse geben. Besonders stolz ist man auf die Theke. Maßarbeit einer hiesigen Firma, sagt de Oca. "Wir versuchen, mit lokalen Anbietern zu arbeiten." Trotz der Theke setzt man übrigens auf Alkoholfreiheit im Jugendtreff. Noch ein kurzer Blick auf die übrigen Räume in dem 100 Quadratmeter großen Kellergewölbe.

Da wäre im Anschluss an den Eingangsbereich ein Zimmer, das von drei niedrigen Bücherregalen dominiert wird. Gut gefüllt mit Lernmaterial, das die Jugendvertretung für ihr Projekt Bücherregal zusammengetragen hat. Aber auch gespendete normale Literatur zum Schmökern. Schließlich gibt es in dem Gewölbe noch ein langes Zimmer, das zum einen als Büro, dient, aber auch als Aufenthaltsraum. Für diejenigen, die Ruhe haben wollen, erklärt de Oca. Ob hier auch Hausaufgaben gemacht werden?, fragt Ruth Hübner-Gerling (FDP). "Wäre möglich, wurde aber noch nicht gemacht", sagt de Oca. Überhaupt haben die Parlamentarier einige Fragen. Etwa zum Programm des Treffs. Sie vermisse Angebote zur Ökologie und Nachhaltigkeit, sagt Sylvia Reinisch (Grüne). Man habe bereits Upcycling zum Thema gemacht, sagt de Oca. Also die Wiederverwertung von Abfallprodukten. "Im Moment greifen wir die Interessen der Jugendlichen auf." Dabei versuche man, die Ideen umzusetzen, so weit es gehe. De Oca: "Wir horchen in die Jugendlichen rein." Man setze auf Impulse der Besucher.

"Wir sind immer noch im niedrigschwelligen Angebot", beschreibt Vogel den Status quo. Dies nach dem Motto nicht zu hoch ansetzen, um erst einmal Zugang zu den Jugendlichen zu bekommen. "Extrem schwierig" sei es, wenn man mit Jugendarbeit anfange, sagt Vogel.

Wie sehen die Besucherzahlen aus und welche Altersgruppe verkehrt im Juz?, waren andere Fragen. "Sehr unterschiedlich", meint de Oca zu Ersterem. Im Moment zwischen etwa 14 und 17 Jahren. "Das kann sich ändern." Man schaue, für alle Altersgruppen im Jugendbereich etwas anbieten zu können. De Oca verweist auch auf das monatliche Programm, das vor allem via Instagram kommuniziert wird.

Trotz der virtuellen Aktivitäten, Flyern, dem Besuch von Hotspots, an dem Jugendliche verkehren, und der Präsenz bei Festivitäten in der Stadt, hat der neue Treff vor allem mit einem Problem zu kämpfen: "Viele wisse noch gar nicht, dass hier ein Jugendtreff ist", sagt de Oca. Traum sei, in die Schulen reinzukommen. Das versuche man schon seit längerem. Nein, keine Schuldzuweisung, die Schulen hätten in der Corona-Zeit selbst viel zu tun, um den Regelbetrieb weiterzuführen. Daneben ist ein weiteres Projekt in der Pipeline, um mehr Publikum anzulocken: Die Sichtbarkeit soll erhöht werden. Wie? Das jetzige Banner im Hof soll in Zukunft durch ein Leuchtschild an der Hausfassade ergänzt und das Programm in einem Schaukasten veröffentlicht werden.

Neben der Besichtigung informierte sich der Ausschuss über das Konzept der offenen Jugendarbeit im Jugendtreff. "Das soll sich nach und nach entwickeln", sagt VzF-Geschäftsführer Frank Vogel. "Wir wollen unter Einbeziehung der Jugendlichen starten." Zunächst gehe es darum, sich zu begegnen und anzunähern, ergänzt Marcel Favila Montes de Oca. Dafür könne man einen integrativen Rahmen bieten, sprich der Treff ist barrierefrei. Man gucke auch auf die Psychoebene. Die Jugendlichen heute seien belastet, die Probleme hätten sich in eine andere Richtung verlagert. Hier könne man gegensteuern und abfedern, aber nicht grundsätzlich Probleme lösen. Vieles passiere auf der persönlichen Ebene, etwa Berufsfindung oder Bewerbungstraining. Oder zum Thema Drogen versuche man, Infomaterial zu besorgen. Auch könne der Büro-Rechner zur Recherche benutzt werden. Generell zeigen sich Verantwortlichen flexibel. Auch Bildungsangebote seien in Zukunft möglich. Bei all dem setzen die Macher auf eines: Nicht mit dem erhobenen Zeigefinger arbeiten und etwas aufdrücken, sondern sich als offener Jugendtreff präsentieren. Dann sei das Juz ein Selbstläufer. Und nach den bisherigen Erfahrungen ist de Oca überzeugt: "Friedrichsdorf hat eine echt coole Jugend."