Ein Leben zwischen Fuchs und Nerz

2022-10-15 05:13:56 By : Ms. Green Liao

Seit 50 Jahren werden an der Eschersheimer Pelze verkauft

Ob die Jacke mit flauschigem Innenfell, der alte Mantel der verstorbenen Großmutter, der in Kissen für die Enkelkinder umgearbeitet wurde - es sind viele Erinnerungen, die Ernst und Anita Schwarz in ihrem Geschäft "Pelze am Dornbusch" schaffen. Aus alten Pelzen etwas neues zu schaffen, aus dem schweren, langen Nerz eine kurze Jacke mit Materialmix zu kreieren - das hat sich in den vergangenen Jahren zu einem der Aushängeschilder des kleinen Ladens direkt an der Eschersheimer Landstraße entwickelt. Den Andor und Eva Szepesi, die Eltern von Anita Schwarz, dort vor 50 Jahren im Dezember 1971 eröffneten.

"Maximal zwei Monate haben uns die Nachbarn gegeben. Aber wie man sieht: Wir sind immer noch da", sagt Eva Szepesi. Hinter dem kleinen hölzernen Tresen, eine Schmuckvitrine, die die Szepesis kurz vor der Eröffnung bei der Auflösung eines Juweliers ergattert, steht die heute 89-Jährige. Die Wand hinter hier ist schlicht weiß und kahl. Früher, sagt sie, hingen dort noch Hüte. Aber die seien mittlerweile nicht mehr so gefragt. Und auch die Wand, die den ohnehin schon kleinen Raum damals noch kleiner machte, ist mittlerweile verschwunden. "Es ist halt nicht mehr mein Laden", sagt sie und streich über die glatte Holzoberfläche.

Aus der Wilhelm-Hauff-Straße, wo sie nur eine Werkstatt hatten, an den Dornbusch zogen die Szepesis, er Kürschner-Meister, damals um. Erst mit dem Geschäft, ein Jahr später mit der gesamten Familie, direkt um die Ecke, in einen Altbau in der Straße "Am Dornbusch", wo Eva Szepesi, die 1956 mit ihrem Mann aus Ungarn an den Main kam, bis heute lebt. Zahlreiche Handzettel hätten sie und ihre zwölf Jahre ältere Schwester Judith, die mittlerweile in Belgien wohnt, damals in die Briefkästen der Nachbarschaft geworfen, erinnert sich Anita Schwarz. Bis auf einen. Der liegt gut verwahrt mit Schwarz-Weiß Fotos in einer durchsichtigen Kiste, in der Anita und Ernst Schwarz Erinnerungen an die 50-jährige Geschichte des Geschäfts sammeln. Mit Sonderangeboten für Mäntel und Jacken, Pelzhüte, Krawatten, Kragen und Besätze wurde damals zur Eröffnung geworben.

Seitdem hat sich viel verändert, sagt die 57-Jährige, die das Geschäft 1991 übernahm. Pelze würden längst nicht mehr Kleidungsstücke, die ein oder zwei Mal im Jahr zu besonderen Anlässen aus dem Schrank geholt werden. Im Gegenteil. "Sie sind alltagstauglich geworden", sagt Schwarz. Und modern. So werde der Pelze mit anderen Materialien verarbeitet, sagt sie und zeigt auf eine Jeansjacke mit Fellkragen. An der Puppe im Laden hängt derweil eine dunkelblaue Jacke, gefüttert mit Pelz. Nerz, der einmal als Mantel der Mutter gehörte.

"Wir haben ihn aufgearbeitet und in die Jacke genäht. So wird die Tochter quasi nach wie vor von ihrer Mutter umarmt, wenn sie diese Jacke trägt", sagt Anita Schwarz, die mittlerweile mit zahlreichen Preisen ausgezeichnet wurde. Wie jüngst beim Design-Wettbewerb des Deutschen Kürschnerhandwerks. Wo sie die Goldmedaille für den Gruppensieg in der Kategorie "Herrenpelze" errang.

Und das, obwohl sie als junges Mädchen ganz andere Pläne hatte. Nach Kanada wollte sie nach dem Abitur und Design studieren. Doch dann wurde ihr Vater krank, sie begann die Ausbildung und merkte schnell: Auch dort konnte sie kreativ sein. Ihre Ausbildung machte sie in einer Kürschnerei auf der Berger Straße, neben dem Sohn des Inhabers saß sie in der Berufsschule. Das war 1983, ihr Banknachbar Ernst Schwarz. "Ein Jahr habe ich ihn zappeln lassen", sagt Anita Schwarz und schaut ihren Ehemann verliebt an. Wie damals. Nur, dass sie jetzt nicht mehr die Schulbank, sondern die Arbeit im Familienbetrieb teilen.

Wo sie nach wie vor Unterstützung von Eva Szepesi bekommen, die die Rüscheninnentaschen näht. Eine Arbeit, für die es viel Fingerspitzengefühl braucht. "Noch geht es gut, ich hoffe noch lange", sagt sie. Lange wird es hoffentlich auch noch den Laden geben, hoffen Ernst und Anita Schwarz. Ihre beiden Kinder werden das Geschäft wohl nicht fortführen. "Nur weil es unsere Leidenschaft ist, muss es nicht die unserer Kinder sein", haben sie absolutes Verständnis für deren Entscheidung. judith dietermann