Ende der Welt - Die tägliche Glosse: Ende des Learjet | radioWelt | Bayern 2 | Radio | BR.de

2021-12-29 08:59:00 By : Mr. Pound Wu

Gebietsweise Regen, Höchstwerte 5 bis 10 Grad

Dieses Ende hat der Learjet nicht verdient! Der „Ferrari der Lüfte“, ein Jet, galaktisch umflort als Vehikel der Träume und Sehnsüchte vom Leben ohne Grenzen wird mit einer staubtrockenen Meldung beerdigt. Aber wo sich russische Oligarchen längst ganze Airbus-Flugzeuge zu fliegenden Wohnzimmern inklusive Schnapsbar und Bildergalerie ausbauen lassen, da stinkt der olle Flugbleistift ab. Eine Glosse von Georg Bayerle.

Nein, dieses Ende hat der Learjet nicht verdient! Der „Ferrari der Lüfte“, ein Jet, so elegant wie Raumschiff Enterprise und mindestens so galaktisch umflort als Vehikel der Träume und Sehnsüchte vom Leben ohne Grenzen.

Die etwas Älteren unter uns erinnern sich wie Gunter Sachs Brigitte Bardot im Learjet mit der legendären Kennung HB-VBB ins voreheliche Liebesnest nach Oberaudorf chauffierte. Später dann in Ted Kennedys Exemplar zur Hochzeit nach Las Vegas und gleich weiter nach Tahiti, verfolgt von einem brummenden Schwarm Paparazzi. Nur sein Leibgericht Weißwürste ließ sich Deutschlands erster und alleingültiger Playboy mit einer Propellermaschine nach St.-Moritz expedieren.

Ein Jet, für den das Wort „Jetset“ erst erfunden wurde; den William Lear 1962 entwickelt hat: die Schwingen messerscharf wie Klingen, die eiförmig nach vorn gezogene Nase, die Höhenflosse hochgesetzt am Heckflügel. Kam nicht Ikarus der Sonne zu nah und musste erleben, wie sie das Wachs schmolz, in dem die Federn der Flügel steckten, bis er abstürzte? Oder die Hindenburg, Stolz deutscher Luftschiff-Ingenieure, deren dramatisch-tragischer Niedergang in einem Feuerball noch in heutigen Nachverfilmungen Schreckensschauer auslöst.

Und nun: eine staubtrockene, glitzerfreie Meldung vom kanadischen Flugzeug- und Lokomotivenbauer Bombardier, der den Learjet 1990 übernommen hatte: Pünktlich zum 60.Geburtstag bleiben die Bänder stehen.

Dabei hat mit Corona eigentlich die Stunde der Privatjets geschlagen; alle, die es sich leisten können, fliegen kontaktarm im eigenen Jet. Und das ist gar nicht mal so teuer: ab 2500 Euro pro Flugstunde sind Sie dabei!

Die Glosse "Ende der Welt" läuft immer am Ende des aktuellen Morgenmagazins radioWelt (6.00 bis 8.30 Uhr) um 8.25 Uhr auf Bayern 2. [BR Podcast - Podcast - Ende der Welt - Die tägliche Glosse ]

Und genau hier vermuten wir den wahren Grund für das sang- und klanglose Ende dieses schnittigen Traumschiffs der Lüfte: es ist banal geworden. Gott und die Welt können das heute, man muss keine Brigitte Bardot mehr dafür sein. Wo sich russische Oligarchen längst ganze Airbus-Flugzeuge zu fliegenden Wohnzimmern inklusive Schnapsbar und Bildergalerie ausbauen lassen, da stinkt der olle Flugbleistift ab, in dem größere Naturen wegen der Innenraumkrümmung den Kopf schräg halten müssen.

Lächerlich, sich als Jetsetter heute noch in so einem Vogel in die Lüfte zu erheben. Die Protagonisten 2021 gehen mit ihren Raketen in die Luft und auch Bombardier hat natürlich Alternativen parat: die sind, wie das Modell „Global“ einfach ein paar Nummern größer: so passt da zum Beispiel ein Queen-Size Bett samt warmer Dusche hinein.

Ein Gunter Sachs von heute könnte sich die Tour nach Oberaudorf sparen und gleich über den Wolken zur Sache kommen, Schätzchen. Ach ja, wie niedlich waren die Zeiten als sich die Welt einmal für Weißwursttransporte mit dem Propellerflugzeug interessierte.

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