Grassi-Experten begutachten private Schätze

2021-12-13 10:36:03 By : Mr. Jerry Zhu

Wandteppiche, Goldschmuck und Bronzestatuen: Leipziger konnten am Dienstag im Grassi-Museum ihre persönlichen Gegenstände auf ihren Wert untersuchen lassen.

Gabriela Krause wickelt die Luftpolsterfolie aus ihrer Vase, auf dem weißen Porzellan fliegt ein fein gezeichneter blauer Vogel auf riesige goldgeäderte Blüten zu. Es ist eine handbemalte Ming-Vase, die Gabriela Krause zur Besichtigung mitgebracht hat. „Die Vase wurde wahrscheinlich in China hergestellt“, erklärt Thomas Rudi, Kurator der historischen Sammlung im Grassi Museum. Nur: Es stammt aus dem Jahr 1994 und wurde vermutlich für den Export produziert. „Dafür würde man noch rund hundert Euro bekommen“, schätzt die Kuratorin.

 Zwei Tische weiter sieht sich Dieter Sauerzopf mit ganz anderen Zahlen konfrontiert. Gerade hat er auf dem grauen Tisch zwischen sich und dem Antiquitätenhändler Rico Hofsaess ein bronzenes Reiterstandbild gehisst. Seine Eltern haben es von einer Reise vor dem Ersten Weltkrieg mitgebracht, vermutet er. Rico Hofsaess bezeugt: Die Bronzefigur ist ein Original und wurde vermutlich um das 19. Jahrhundert in Italien gegossen. Wert: 700 bis 1000 Euro, ein Schatz.

"Schrott oder Schatz?" Das wollen auch andere Leipziger wissen, die an diesem Nachmittag mit ihren Bildern, Schmucketuis oder Möbelstücken ins Grassi-Museum kamen. Diese Frage möchten nun acht Experten und Antiquitätenkenner beantworten. Am Eingang werden Karten mit Zahlen an die zahlreichen Besucher verteilt. „Wir sind schon auf Platz 100“, sagt Organisatorin Anett Lamprecht, Pressesprecherin des Grassi Museums für Angewandte Kunst. Mit einem Klemmbrett in der Hand geht sie auf und ab, ruft Nummern auf und ordnet die Besucher den Experten zu.

So landeten Gerhard Stein und seine Frau beim Instrumentenkenner Volker Seumel. Vorsichtig dreht und dreht er eine kleine dunkle Geige in seinen Händen. „Der relativ kurze Hals, das dunkle Finish und die Gestaltung der Ecken lassen vermuten, dass die Geige vor dem 18. Jahrhundert gebaut wurde und aus Böhmen oder dem Vogtland stammt.“ Gerhard Stein kann dazu nicht viel sagen, seine Eltern fanden das Instrument einst als Flüchtlinge in einer alten Kommode. Über den genauen Wert kann Seumel diesmal jedoch keine Auskunft geben. „Nur wer den Namen kennt, kommt voran“, sagt er – und sucht ihn vergeblich auf dem Instrument.

Dieter Sauerzopf packt derweil glücklich seinen wertvollen Bronze-Reiter wieder in eine aufgegebene Plastiktüte und schließt den Klettverschluss. „Was mache ich jetzt damit? Schwer zu sagen. Die jungen Familien haben immer weniger Platz, vielleicht vererben wir die Statue eines Tages tatsächlich dem Museum“, sagt er und lächelt. Anett Lamprecht vom Grassi Museum für Angewandte Kunst freut sich über diese Bereitschaft. Trotzdem: Nicht alles, was angeboten wird, kann auch angenommen werden. Das ist ihr aber egal, Lamprecht geht es um etwas anderes: „Es ist einfach wichtig, die Dinge gemeinsam mit den Menschen zu sehen und zu fühlen – und ein Gefühl für Qualität zu bekommen.“ Das hat Karin Geser heute gelernt. Der Wandteppich ihrer Schwiegermutter entpuppte sich schnell als Replik „Made in France“; sein materieller Wert ist gering. Dennoch möchte sie nun weiter recherchieren, um mehr über das Originalmotiv des Malers Auguste Cesare Detti zu erfahren.