Wärmflaschen in Wesel so gut wie ausverkauft - eine Hommage

2022-10-08 03:03:52 By : Mr. Jimmy-Vicky Zheng

Wesel Um in kühlen Nächten im Bett nicht zu frieren und gleichzeitig Energie zu sparen, bietet sich die gute alte Wärmflasche an. Doch in vielen Geschäften in Wesel ist sie derzeit Mangelware. Eine Hommage.  

Wie wir es gerade erleben, kann es im Herbst manchmal noch frühlingshaft warm werden. Andererseits kann es frühmorgens, am Abend und vor allem des Nachts auch schon sehr kalt werden. Das ist gerade in Zeiten, in denen wir alle Energie sparen sollen – im Sinne der Umwelt, der Gesellschaft und um das eigene Budget zu entlasten – nicht angenehm. Wir sollen alle bitteschön in Wohnungen sitzen, in denen es maximal 21 Grad ist, und uns warme Gedanken machen. Besser noch wären 19 Grad. So wie in Behördenbüros. Auch Duschen, Baden und Saunieren können wir alle derzeit wohl nur noch mit schlechtem Gewissen. Genauso wie Autofahren oder in den Urlaub fliegen. Auch Heizlüfter und Co. sollen wir nicht kaufen beziehungsweise nutzen, weil es, wenn alle gleichzeitig auf den An-Schalter drücken, die Stromversorgung zusammenbrechen lassen könnte und wir dann im Dunkeln sitzen – und frieren müssen.

Ich habe mir so meine Gedanken gemacht, was gegen Kälte und Frust und schlechtes Gewissen helfen könnte und dazu auch noch billig ist. Kerzen fallen ja leider weg, weil sie – stark nachgefragt – entweder ausverkauft oder/und teuer sind. Aber es gibt da ein Produkt, das uns umweltschonend und billig wärmt und für jeden durchaus erschwinglich ist: die Wärmflasche.

Meine habe ich jetzt nach langen Jahren – weil ich zwischenzeitlich keine Bauchschmerzen oder Blasenentzündungen hatte – hervorgekramt. Sie liegt in einem Korb im Badezimmer. Meine Tochter hatte sie mir vor Jahren zu Weihnachten geschenkt. Die Gummi-Wärmflasche trägt ein rot-weiß karriertes Leibchen, das ihr (im entleerten Zustand) wirklich gut steht. Füllt man den geriffelten, ziegelsteinroten Körper aber mit warmen (nie mit kochendem)  Wasser, wird er prall und rund und mutierte zu einer einzigen Problemzone.

Das ist mir als Eigentümer der Wärmflasche aber völlig schnuppe. Denn sie soll ja keine menschenerdachten Idealmaße aufweisen, sondern einzig und alleine wohlige Wärme spenden. Und das tut sie zuverlässig über mehrere Stunden – bis morgens der Wecker klingelt. Praktischerweise kann man mit dem abgekühlten Inhalt hinterher noch prima die Topfpflanzen gießen.

Nicht nur ich habe jetzt eine völlig neue Beziehung zu meiner Wärmflasche aufgebaut. Vielen anderen geht es ähnlich. Ein Kollege erzählt von fleißigen Paketboten mit Wärmflaschen unterm Arm. Bei einer Stichprobe in der Weseler Innenstadt stelle ich fest, dass beispielsweise die Regale mit Wärmflaschen beim Drogeriemarkt dm – dort kosten sie 6,75 Euro – oder beim Haushaltswarendiscounter Kodi (Preis: 4,99 Euro) leer sind.

„Die Nachfrage ist seit mehr als zwei Wochen drei- bis fünf Mal so hoch wie sonst“, sagt David Karl von dm. Wann eine neue Lieferung kommt, wisse er nicht. Alternativ könne man zum Kirschkernkissen greifen. Bei Kaufhof gibt es den Alljahresartikel Qualitäts-Wärmflasche noch in ausreichender Stückzahl für knapp 15 Euro. Eine zweifelsohne gute Investition, wenn man bedenkt, dass die Nächte im Herbst und Winter (und manchmal auch noch im Frühling) oft sehr lang und auch kühl sein können.

Doch seit wann gibt es die Wärmflaschen eigentlich und wie sah sie in früheren Zeiten als? Wer im Internet nach dem Begriff Wärmeflasche sucht, wird natürlich bei Wikipedia fündig. Dort heißt es unter anderem, dass ein Vorläufer der Wärmflasche ein heißer Stein oder ein heißer Ziegel war, der in ein Tuch geschlagen und zum Vorwärmen in das Bett gelegt wurde. Um etwa 1520 gab es die ersten Flaschen aus Zinn. Vermutlich wurden sie auch schon zum Wärmen verwendet. Später wurden die Behälter aus Zink, Kupfer, Messing, Aluminium, Glas oder Steingut gefertigt und auch in der Form anatomisch angepasst. Die Steingutflaschen wurden vor allem von den unteren Bevölkerungsschichten benutzt, die sich kein Modell aus Metall hätten leisten können. Gefüllt wurden sie entweder mit Wasser oder heißem Sand. Das heiße Wasser dazu wurde oft aus dem Wasserschiff eines Tischherdes entnommen. Da Kupfer die Wärme besonders gut leitet und sich gut formen lässt, war es im 18. Jahrhundert das bevorzugte Material für Wärmflaschen. Diese Form wurde auch in der Frühphase des Personeneisenbahnverkehrs eingesetzt. An den Bahnhöfen gab es deshalb im Winter sogenannte Wärmeflaschentauscher, also Bahnmitarbeiter, die die erkalteten Wärmeflaschen gegen neu aufgeheizte in den Abteilen austauschten.

Neben den Bettflaschen dienten bis ins 19. Jahrhundert auch mit Deckel versehene Wärmepfannen aus Messing als Bettwärmer, die vor dem Schlafen unter die Decken geschoben und mit glimmenden Kohlen befüllt wurden. Um Verbrennungen vorzubeugen, wurden metallene Wärmflaschen in der Regel mit einem gehäkelten oder gestrickten Überzug versehen. Seit den 1920er Jahren wurde für Wärmflaschen zunehmend Gummi verwendet. Auch wenn Gummi-Wärmflaschen unzerbrechlich sind, können sie undicht werden, was zum Austreten des heißen Wassers und zu Verbrühungen der Haut führen kann. Um das zu vermeiden, gibt es Gummi-Wärmflaschen daher auch mit saugfähigem Überzug.

Der rot-weiß karrierte Überzug der Wärmflasche, die meine Tochter für mich gemacht hat, ist übrigens nicht saugfähig. Deshalb achte ich ja auch penibel darauf, dass das Wasser  nie zu heiß ist, damit ich im Fall eines Unglücks (also einer Undichtigkeit) nur maximal nass werde, aber mich nicht verbrühe.  

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